Kündigung aufgrund persönlicher Eigenschaften? Das irritiert zunächst, ist aber grundsätzlich möglich. Wir erklären Ihnen, an welche Voraussetzungen eine personenbedingte Kündigung geknüpft ist und wie Sie eine Abfindung aushandeln können.
Bei einer personenbedingten Kündigung hängt der Kündigungsgrund an Ihrer Person. Sie sind also aufgrund persönlicher Fähigkeiten, Eigenschaften oder Einstellungen nicht mehr in der Lage, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.
Die personenbedingte Kündigung ist etwas anderes als die verhaltensbedingte Kündigung. Hintergrund einer verhaltensbedingten Kündigung ist, dass Sie als Arbeitnehmer die vertragsgerechte Leistung nicht erbringen wollen, Ihr Verhalten aber jederzeit ändern könnten. Bei der verhaltensbedingten Kündigung macht der Arbeitgeber Ihnen also einen Vorwurf. Bei der personenbedingten Kündigung geht es vielmehr um Aspekte, für die Sie „nichts können“.
Die Gründe für eine personenbedingte Kündigung müssen im Zusammenhang mit Ihrer geschuldeten Arbeitsleistung stehen. Hier die wichtigsten Fälle:
Krankheit
Unter bestimmten Voraussetzungen kann Krankheit zu einer personenbedingten Kündigung führen. Entsprechend den Grundsätzen zur krankheitsbedingten Kündigung wird auch die Kündigung wegen Alkoholsucht behandelt.
Corona-Impfung
Im Zusammenhang mit Corona spielte die Impflicht eine entscheidende Rolle. Sofern Sie diese nicht in den in § 20a I IfSG a.F. genannten Einrichtungen einhalten, lag oft ein Grund zur personenbedingten Kündigung vor. Nach wie vor gibt es andere einrichtungsbezogene Impfpflichten.
Alter
Das Alter ist hingegen wegen Verstoß gegen des Benachteiligungsverbot kein tauglicher Grund. Etwas anderes gilt nur, wenn sich das Alter auf die Durchführung der Arbeitspflicht auswirkt; Sie also zum Beispiel körperlich nicht mehr in der Lage sind, Ihren Aufgaben nachzukommen.
Erlaubnis
In bestimmten Bereichen benötigen Sie eine bestimmte Arbeits- oder Berufsausübungserlaubnis. Dazu zählen etwa die Approbation, eine Fahrerlaubnis, eine Fluglizenz oder ein Waffenschein. Fehlt diese, darf der Arbeitgeber unter Umständen personenbedingt kündigen.
Fachliche Eignung
Eine personenbedingte Kündigung kann auch wegen fehlender Eignung erfolgen. Eine mangelnde körperliche Eignung liegt wie bereits erwähnt vor, wenn aufgrund physischer oder motorischer Einschränkungen die Arbeitsausführung nicht mehr möglich ist.
Fachlich ungeeignet sind Sie, wenn Sie über einen längeren Zeitraum Leistungsschwäche zeigen. Das heißt, Sie weisen mangelnde Kenntnisse oder Fähigkeiten vor. Hier ist eine Abgrenzung zur verhaltensbedingten Kündigung meist schwierig. Entscheidend ist auch, welche Anforderungen Ihr Arbeitgeber bei der Einstellung zugrunde legte.
Glauben und Gewissen
Ein in Ihrer Person liegender Grund ist auch anzunehmen, wenn Sie aufgrund von Gewissens- oder Glaubenskonflikten Ihre geschuldete Leistung nicht ausführen möchten. Offenbaren Sie Ihrem Arbeitgeber Ihren Konflikt, muss dieser Ihnen grundsätzlich eine andere Stelle zuweisen. Ist dies jedoch nicht möglich, können Gewissens- oder Glaubenskonflikte taugliche Kündigungsgründe darstellen.
Beispiel: Ein muslimischer Supermarktmitarbeiter weigert sich, alkoholische Getränke einzuräumen. Eine Verkäuferin weigert sich, Filme oder CD`s mit bestimmten Inhalten zu verkaufen.
Wichtig: Persönliche und familiäre Verhältnisse oder religiöse, kulturelle oder sexuelle Neigungen sind keine tauglichen Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung. Hoch streitig ist der Fall, ob das Tragen eines Kopftuchs gegen den Willen des Arbeitgebers zur Kündigung führen kann. Die Rechtsprechung verneint dies zumindest in Bezug auf die Behauptung, das Tragen eines Kopftuchs durch eine Verkäuferin würde zu Umsatzeinbußen führen.
Dies sind klassische Beispiele für eine personenbedingte Kündigung. Es gibt weitaus mehr Gründe. In jedem Fall ist auf den jeweiligen Einzelfall zu achten.
Neben dem Vorliegen eines Kündigungsgrundes muss Ihr Arbeitgeber folgende weitere Voraussetzungen erfüllen:
Negativprognose
Im Rahmen einer sogenannten Negativprognose muss Ihr Arbeitgeber feststellen, dass die Störungen der Vertragsbeziehungen bis zur Kündigungsfrist anhalten.
Beispiel: Fehlt Ihnen also etwa eine benötigte Berufsausübungserlaubnis, ist eine Kündigung nur möglich, wenn mit der Wiedererlangung in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
Spürbare Beeinträchtigung für Arbeitgeber
Die oben genannten Gründe müssen zu einer tatsächlichen Störung der Vertragsbeziehungen führen. Hier ist insbesondere eine Abgrenzung zu bloßen Bagatellfällen vorzunehmen. Es müssen erhebliche Beeinträchtigungen betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen zu befürchten sein.
Beispiel: Ihnen fehlt die körperliche Eignung zur Ausübung Ihrer Arbeit. Daher muss Ihr Arbeitgeber Aushilfskräfte einstellen, um seine Produktion am Laufen zu halten. Dies führt zu erheblichen Kosten. Weisen Sie erforderliche Impfungen nicht vor, können etwa im medizinischen Bereich notwendige Behandlungen nicht durchgeführt werden.
Alternative Stelle
Vor einer Kündigung muss Ihr Arbeitgeber Ihnen, wenn möglich, eine alternative Stelle in seinem Unternehmen anbieten.
Beispiel: Sie sind körperlich nicht mehr in der Lage, in der Produktion zu helfen, erfüllen aber die Voraussetzungen, um Steuerungen von einem Computer durchzuführen.
Anhörung des Betriebsrats
Sofern es einen Betriebsrat gibt, ist dieser vor einer Kündigung anzuhören. Der Betriebsrat kann sich gegen eine Kündigung aussprechen und ist daher entscheidend für die Interessenvertretung des Arbeitsnehmers. Ihr Arbeitgeber ist daher verpflichtet, belastende und entlastende Umstände darzulegen.
Eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats ist rechtswidrig!
Interessenabwägung
Zuletzt muss eine Interessenabwägung erfolgen. Für eine wirksame Kündigung müssen die Interessen Ihres Arbeitsgebers gegenüber Ihren Interessen überwiegen.
Auf Seiten des Arbeitgebers sind dabei die Erheblichkeit der betrieblichen und wirtschaftlichen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Ebenso entscheidend ist der organisatorische und finanzielle Aufwand, der besteht, wenn er Sie im Unternehmen halten würde.
Auf Ihrer Seite sind neben der Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit die Ursachen für die fehlende Eignung und die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt heranzuziehen.
Nein. Grundsätzlich muss Ihr Arbeitgeber vor einer personenbedingten Kündigung keine Abmahnung aussprechen.
Eine seltene Ausnahme besteht für den Fall, dass Sie durch steuerbares Fehlverhalten den Grund für die Kündigung gesetzt haben. Dann ist davon auszugehen, dass Sie in der Lage wären, durch zukünftiges Verhalten das Hindernis zu beseitigen. Hier verwischt die Grenze zur verhaltensbedingten Kündigung. Bei dieser ist eine Abmahnung erforderlich.
Gerade in solchen Grenzbereichen sollte Ihr Arbeitgeber daher besser zuvor eine Abmahnung aussprechen.
Wenn Sie eine Kündigung erhalten, sollten Sie nicht zu lange warten. Um gegen eine Kündigung gerichtlich vorzugehen, müssen Sie die Klagefrist von drei Wochen einhalten. Wenden Sie sich daher schnellstmöglich an einen Anwalt für Arbeitsrecht.
Wichtig: Halten Sie sich gegenüber Ihrem Arbeitgeber bedeckt, welches Ziel Sie mit der Klage verfolgen. Warum Ihnen andernfalls ein wichtiges Druckmittel fehlt, lesen Sie im nächsten Abschnitt.
Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht bei einer Kündigung grundsätzlich nicht. Es gibt aber meist Wege, um trotzdem zu einer attraktiven Abfindung zu gelangen.
Abwicklungsvertrag
Eine Option bietet der sogenannte Abwicklungsvertrag. Dieser dient dazu, nach einer Kündigung die Details der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu regeln. Dazu zählen etwa ein Arbeitszeugnis, der Umgang mit Überstunden und Urlaubstagen, ausstehende Bonuszahlungen und eben auch eine mögliche Abfindung. Im Gegenzug verzichten Sie auf eine Kündigungsschutzklage und nehmen Sie Ihre Entlassung hin.
Einigung vor Gericht
Doch möglicherweise ist Ihr Arbeitgeber zu einem solchen Vertrag nicht bereit. Dann können Sie Klage erheben. Im Rahmen des Prozesses wird der Richter versuchen, einen gerichtlichen Vergleich zu erzielen. Teil des gerichtlichen Vergleichs ist in aller Regel auch die Vereinbarung einer Abfindung. Im Gegenzug nehmen Sie die bereits erhobene Klage zurück.
Ihr Arbeitgeber wird häufig zu einer solchen Abfindungszahlung bereit sein, da ein Kündigungsschutzprozess für Ihn ein hohes Risiko bürgt. Wie die bereits genannten Voraussetzungen zeigen, ist eine personenbedingte Kündigung fehleranfällig. Das Kostenrisiko für ein Unterliegen im Prozess ist für Ihren Arbeitgeber daher hoch.
Höhe der Abfindung
Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache.
Als Faustformel dient: 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr im Unternehmen
Sie können jedoch auch eine weitaus höhere Abfindung erzielen. Dabei kommt es zum einen darauf an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Gericht die Kündigung für unwirksam erklären wird. Zum anderen ist die Dauer des Prozesses entscheidend. Denn umso länger dieser bereits andauert, desto mehr Monatsgehälter müsste Ihr Arbeitgeber bei einer Niederlage nachzahlen.
Daher ist auch wichtig, nicht dem Arbeitgeber zu signalisieren, dass Sie ohnehin das Unternehmen verlassen möchten. Dann stellt nämlich der Kündigungsprozess kein wirkliches Druckmittel dar.
Bei Fragen rund um das Thema Kündigung und Abfindung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.