Über eine Schwangerschaft freuen sich Arbeitgeber meist deutlich weniger als die werdenden Eltern. Häufig fürchten sich schwangere Arbeitnehmerinnen daher vor einer Kündigung. So leicht ist eine Entlassung aber nicht, denn Arbeitnehmerinnen werden während einer Schwangerschaft und auch darüber hinaus vom Gesetzgeber besonders geschützt.
Wir erklären Ihnen diesen Mutterschutz im Folgenden genauer und zeigen, was Sie hierzu wissen müssen.
Zentrales Gesetz für den Schutz von Schwangeren und Müttern ist das Mutterschutzgesetz (MuSchG). Diese Vorschriften sollen der Schwangeren eine möglichst sorgenfreie Vorbereitungszeit ermöglichen. Die Schwangere soll gerade keine Kündigung befürchten müssen, sondern sich voll und ganz auf die bevorstehende Geburt konzentrieren können.
Deshalb findet sich im MuSchG auch eine Regelung über den Kündigungsschutz für Schwangere und Mütter. Dieser „besondere“ Kündigungsschutz geht weiter als der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KschG), welcher grundsätzlich fast allen Arbeitnehmern zusteht. Die Schwangere ist beispielsweise auch in Kleinbetrieben oder in der Probezeit geschützt. In diesen Fällen würde der allgemeine Kündigungsschutz hingegen nicht bestehen.
Nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG ist eine Kündigung während der Schwangerschaft grundsätzlich unzulässig. Das betrifft sowohl ordentliche als auch außerordentliche (d.h. „fristlose“) Kündigungen.
Der Kündigungsschutz wirkt jedoch nicht rückwirkend. Wer also eine Kündigung erhält und erst kurze Zeit später schwanger wird, kann sich nicht auf das MuSchG berufen. Die Arbeitnehmerin muss also schon vor Zugang der Kündigung schwanger gewesen sein. Bei einer künstlichen Befruchtung ist der Zeitpunkt entscheidend, zu dem die befruchtete Eizelle eingesetzt wird.
Der Schutz des MuSchG endet nicht unmittelbar mit der Geburt des Kindes. Nach der Geburt gilt der Kündigungsschutz nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG noch für mindestens vier Monate. Gem. § 3 MuSchG kann sich diese Frist bei komplizierten Geburten sogar noch verlängern, so z.B. bei Frühgeburten, Mehrlingsgeburten oder bei der Geburt eines behinderten Kindes.
Übrigens: wird die Arbeitnehmerin innerhalb der vier Monate erneut schwanger, beginnt auch der Schutz des MuSchG erneut.
Auch nach einer Fehlgeburt ist die Arbeitnehmerin aufgrund der damit verbundenen Belastungen weiterhin für vier Monate vor Kündigungen geschützt (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 2 MuschG).
Voraussetzung ist aber, dass die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche stattgefunden hat. Bei früheren Fehlgeburten genießt die Arbeitnehmerin keinen Schutz.
Auch das MuSchG gilt nicht ohne Ausnahme. Wenn die Fortführung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer ganz und gar unzumutbar ist, kann die zuständige Landesbehörde die Kündigung nach § 17 Abs. 2 MuSchG genehmigen.
Dies ist aber eine absolute Seltenheit. Die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin muss für den Arbeitgeber geradezu unerträglich sein. Insbesondere darf die Kündigung niemals mit der Schwangerschaft oder der Fehlgeburt zusammenhängen. In diesen Fällen würde die Behörde ihre Genehmigung verweigern.
Die Unzumutbarkeit kann aber zum Beispiel dann vorliegen, wenn am Arbeitsplatz Straftaten begangen werden. Auch, wenn der Betrieb geschlossen wird und eine Weiterbeschäftigung unmöglich ist, wird die Behörde eine Genehmigung erteilen.
Den Arbeitgeber treffen zahlreiche Schutzpflichten für die Schwangere. Auch ist er durch den Kündigungsschutz in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Die Arbeitnehmerin muss ihren Arbeitgeber daher früher oder später über ihre Schwangerschaft informieren.
Wann genau der passende Zeitpunkt ist, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
Die Schwangere sollte ihren Arbeitgeber schnellstmöglich über die Schwangerschaft und den geplanten Termin der Entbindung in Kenntnis setzen (§ 15 Abs. 1 MuSchG).
Eine frühe Mitteilung ist auch im Interesse der Schwangeren. Der Kündigungsschutz des MuSchG greift nämlich grundsätzlich nur dann ein, wenn der Arbeitgeber bei der Kündigung von der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin weiß.
Die Mitteilung erfordert keine besondere Form. Es ist also möglich, den Arbeitgeber mündlich über die Schwangerschaft zu informieren. Allerdings muss die Schwangere im Streitfall später beweisen können, dass sie den Arbeitgeber rechtzeitig informiert hat. Es empfiehlt sich daher, den Arbeitgeber schriftlich (im Idealfall per Einschreiben) in Kenntnis zu setzen oder ihm die Schwangerschaft im Beisein von Kollegen mitzuteilen.
Wenn die Arbeitnehmerin versäumt hat, dem Arbeitgeber die Schwangerschaft mitzuteilen, kann sie dies auch noch nach der Kündigung nachholen. Dafür muss die Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitteilen, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war (vgl. § 17 Abs. 1 S. 1 MuSchG).
Werden diese zwei Wochen nach Zugang der Kündigung überschritten, kann sich die Schwangere grundsätzlich nicht mehr auf den Schutz des MuSchG berufen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Arbeitnehmerin die Fristüberschreitung nicht zu vertreten hat (vgl. § 17 Abs. 1 S. 2 MuSchG).
Beispiel: Arbeitnehmerin A wusste selbst noch nichts von ihrer Schwangerschaft und erfährt erst drei Wochen nach der Kündigung , dass sie schon seit vier Wochen schwanger ist.
Arbeitnehmerin B war zum Zeitpunkt der Kündigung im Urlaub und erfährt erst drei Wochen später, dass ihr Arbeitgeber sie entlassen will.
Teilt die Arbeitnehmerin dem Arbeitnehmer die Schwangerschaft dann unverzüglich mit, ist eine vorher ausgesprochene Kündigung trotz Fristüberschreitung unwirksam. „Unverzüglich“ wurde von den Gerichten in der Vergangenheit so interpretiert, dass maximal eine Woche verstreichen darf. Das stellt aber auch schon die Höchstgrenze dar.
Arbeitgeber kommen während einer Schwangerschaft oft auf die Idee, eine Kündigung zumindest vorzubereiten und diese dann zum rechtlich nächstmöglichen Zeitpunkt auszusprechen. So wird z.B. die Stelle der Schwangeren oft schon während der Schwangerschaft neu ausgeschrieben.
Dies ist aber unzulässig. Auch die reine Vorbereitung einer Kündigung ist dem Arbeitgeber während der Schwangerschaft verboten (vgl. § 17 Abs. 3 MuSchG).
Achtung: Eine Abmahnung zählt nicht als Vorbereitung einer Kündigung und ist daher auch während einer Schwangerschaft erlaubt. Die Abmahnung wegen eines Fehlverhaltens soll der Arbeitnehmerin gerade eine Verhaltenskorrektur ermöglichen. Sie bereitet daher keine Kündigung vor, sondern soll diese gerade verhindern.
Befürchtet der Arbeitgeber Schwierigkeiten bei einer Kündigung, bietet er der Arbeitnehmerin oftmals einen Aufhebungsvertrag an. Darin einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmerin einvernehmlich, dass Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beenden. Im Regelfall wird auch eine Abfindung für die Arbeitnehmerin festgelegt.
Aber Vorsicht: Durch einen Aufhebungsvertrag verzichten Arbeitnehmerinnen auf ihren Kündigungsschutz! Auch der besondere Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes kann einer schwangeren Arbeitnehmerin, welche unbedacht einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat, dann nicht helfen.
Ein solcher Vertrag muss und sollte daher nicht sofort oder unüberlegt unterschrieben werden! Die Arbeitnehmerin kann vorher ein Anwalt hinzuziehen, um zu bewerten, ob der Vertrag fair ist oder „im Kleingedruckten“ böse Überraschungen bereithält.
Wer während oder kurz nach einer Schwangerschaft entlassen wird, kann vor Gericht Kündigungsschutzklage erheben. Da (werdende) Mütter im Mutterschutz exzellent vor Kündigungen geschützt sind, stehen ihre Erfolgsaussichten meist gut. Selbst wenn die zuständige Landesbehörde die Kündigung genehmigt hat, ist die Entlassung nicht automatisch rechtmäßig. Auch in diesem Fall kann die Kündigung also noch vor Gericht abgewendet werden. Es bietet sich auch an, gegen die Genehmigung der Behörde vorzugehen.
Allerdings muss die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden (§ 4 KSchG). Andernfalls bleibt die Kündigung trotz des besonderen Schutzes wirksam.
Generell empfiehlt sich bei einer Kündigung immer der schnelle Gang zu einem Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er kann die konkrete Situation erfahren beurteilen und einschätzen, ob sich eine Klage lohnt und welche Vorgehensweise Erfolg verspricht.
Bei Fragen rund um das Thema Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.