Aufgrund der Corona-Pandemie sind viele Unternehmen in Schwierigkeiten geraten. Betroffene Arbeitnehmer fürchten deshalb oft um ihren Job. Während vielfach Kurzarbeit angeordnet wurde, kommt es immer häufiger zu Kündigungen.
Wie aber ist die Rechtslage bei Kündigungen während der Kurzarbeit? Diese Frage soll der folgende Beitrag beantworten.
Für Kündigungen während der Kurzarbeit gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie im Normalfall. Sowohl ordentliche als auch außerordentliche Kündigungen sind daher möglich, allerdings nur unter engen Voraussetzungen.
Der Arbeitgeber braucht für eine ordentliche Kündigung auch während der Kurzarbeit einen Kündigungsgrund. Dies gilt zumindest dann, wenn im Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer arbeiten und der Arbeitnehmer bereits über sechs Monate für den Arbeitgeber tätig ist. Liegt kein Kündigungsgrund vor, ist die Kündigung rechtswidrig.
Möglich ist also etwa eine verhaltens- oder eine personenbedingte Kündigung.
Beispiel: A ist als Außendienstmitarbeiterin angestellt. Sie fährt mit einem Dienstwagen zu Kunden und führt Reparaturen aus. Aufgrund des Auftragsrückgangs während der Pandemie befindet sie sich in Kurzarbeit und arbeitet nur zu 50%. Wegen Trunkenheit am Steuer wird ihr die Fahrerlaubnis entzogen. Sie kann ihre Tätigkeit jedoch nur mit dem Auto ausführen. Eine personenbedingte Kündigung ist daher auch während der Kurzarbeit möglich.
B ist Pfleger in einer Seniorenresidenz. Auch er befindet sich in 50-prozentiger Kurzarbeit. Nachdem er gegenüber einem Bewohner, der sich nicht waschen lassen wollte, gewalttätig wurde, wird ihm fristgemäß gekündigt. Die verhaltensbedingte Kündigung ist rechtens.
Schwierigkeiten können für den Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung während der Kurzarbeit entstehen. Der Kündigungsgrund liegt hier in „dringenden betrieblichen Erfordernissen“. Grundsätzlich kann auch ein Auftragsrückgang ein solches Erfordernis darstellen, wenn er dauerhaft ist und der Arbeitnehmer infolgedessen nicht mehr beschäftigt werden kann.
Problematisch wird es allerdings, wenn der Arbeitgeber vorher Kurzarbeitergeld beantragt hat. Die Idee hinter dem Kurzarbeitergeld ist es, nur eine absehbare Periode zu überbrücken, um so eine Alternative zur Kündigung zu bieten. Deshalb wird Kurzarbeitergeld nur dem Arbeitgeber ausgezahlt, der erwartet, dass sich die Lage demnächst bessern wird. Es ist daher nicht möglich, bei der betriebsbedingten Kündigung denselben Grund anzuführen, der bereits zur Beantragung des Kurzarbeitergeldes genannt wurde.
Mit anderen Worten: Entweder der Umstand ist nur ein vorübergehender, sodass Kurzarbeitergeld beantragt werden kann, oder er ist dauerhaft, sodass eine betriebsbedingte Kündigung in Frage kommt. Ein und derselbe Grund kann aber nicht für Kurzarbeit und Kündigung herhalten.
Dennoch ist auch während der Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung denkbar, insbesondere wenn sich die Umstände nach der Anordnung der Kurzarbeit geändert haben.
Beispiel: Arbeitgeber C ging zum Zeitpunkt der Anordnung der Kurzarbeit noch davon aus, nur einen kurzfristigen Auftragsrückgang in einer Abteilung kompensieren zu müssen. Zwischenzeitlich wurde aber eine Umstrukturierung beschlossen, im Zuge derer die gesamte Abteilung geschlossen werden soll. Eine betriebsbedingte Kündigung ist nun aufgrund der geänderten Lage grundsätzlich möglich.
Auch eine außerordentliche (fristlose) Kündigung während der Kurzarbeit ist denkbar. Wie auch sonst kommt diese aber nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber einen wichtigen Grund hat (§ 626 BGB). Dies ist dann der Fall, wenn die Fortführung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist.
Beispiel: D ist Buchhalterin bei einem kleinen Unternehmen. Sie befindet sich in Kurzarbeit. Der Inhaberin E fällt auf, dass D über die letzten Jahre mehrere tausend Euro unterschlagen hat. Eine außerordentliche Kündigung ist bei einem so schweren Fehlverhalten möglich.
Auch bei einer Kündigung während der Kurzarbeit müssen noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein, um einen Arbeitnehmer wirksam entlassen zu können. Zum Beispiel muss der Betriebsrat angehört werden. Außerdem besteht unter Umständen ein Sonderkündigungsschutz für Schwangere, Betriebsratsmitglieder, Schwerbehinderte und andere Personengruppen.
Tipp: Arbeitnehmer können auch versuchen, mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Mit diesem einigen sich beide freiwillig auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer erhält im Gegenzug oft eine Abfindung. Die Chancen stehen dann besonders gut, wenn eine Kündigung nur schwer möglich oder rechtlich kompliziert wäre, beispielsweise weil der Arbeitnehmer besonderen Kündigungsschutz genießt oder bei einer betriebsbedingten Kündigung während der Kurzarbeit. Allerdings sollte dieser Schritt niemals ohne die Beratung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht gemacht werden!
Auch während der Kurzarbeit muss bei ordentlichen Kündigungen die Kündigungsfrist beachtet werden. Auf diese hat die Kurzarbeit keinen Einfluss. Die Frist für eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers ergibt sich aus § 622 Abs. 2 BGB und verlängert sich mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer kann hingegen binnen vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats ordentlich kündigen (§ 622 Abs. 1 BGB). Besonderheiten können sich aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag ergeben.
Eine außerordentliche Kündigung erfolgt fristlos. Lediglich in seltenen Ausnahmefällen muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Auslauffrist gewähren, beispielsweise, wenn der Arbeitnehmer tarifvertraglich ordentlich unkündbar ist und ihm nur deswegen außerordentlich gekündigt wird.
Durch die Kurzarbeit wird die Arbeitszeit reduziert. Dies hat auch zur Folge, dass entsprechend weniger Lohn gezahlt wird. Um diesen Nachteil für den Arbeitnehmer abzumildern, gibt es das Kurzarbeitergeld. Diese Leistung der Agentur für Arbeit gleicht einen Teil des „verlorenen“ Gehalts aus.
Im Normalfall werden 60% des weggefallenen Teils ausgeglichen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde dieser Satz vorübergehend auf 80% angehoben. Hat der Arbeitnehmer Kinder, erhöht sich der Satz um weitere 7%. Die genaue Höhe des Kurzarbeitergeldes hängt allerdings von verschiedenen Umständen ab, wie der Dauer des Bezugs und dem Umfang der Kurzarbeit. Die Arbeitsagentur zahlt diesen Betrag an den Arbeitgeber aus, der das Geld dann an seine Arbeitnehmer weiterleitet. So sollen Kündigungen vermieden und Arbeitsplätze erhalten werden.
Wurde dem Arbeitnehmer indes während der Kurzarbeit gekündigt, entfällt dieser Zweck. Das Gesetz ordnet daher an, dass dann kein Kurzarbeitergeld mehr gezahlt wird (§ 98 Abs 1 Nr. 2 SGB III). Hier stellt sich gekündigten Arbeitnehmern die Frage, in welcher Höhe sie nun bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Gehalt bekommen.
Teilweise wird bereits bei der Einführung der Kurzarbeit (etwa durch Betriebsvereinbarung) geregelt, dass bei Einstellung des Kurzarbeitergeldes Arbeitnehmer wieder voll beschäftigt werden. In dem Fall muss der Arbeitnehmer wieder seine normale Arbeitszeit leisten und erhält bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch sein volles Gehalt.
Wurde dies nicht vereinbart, ist die Rechtslage weniger klar. Insbesondere gibt es kaum höchstrichterliche Entscheidungen zu dieser Frage.
Denkbare Lösungen wären:
Eine ältere Entscheidung des Bundesarbeitsgericht deutete darauf hin, dass der Arbeitgeber wohl das nun entfallene Kurzarbeitergeld ausgleichen muss (Urteil vom 11.07.1990, 5 AZR 557/89). Ob das BAG für den Fall der Kündigung während Kurzarbeit heute ebenso entscheiden würde, ist bislang unklar.
Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte diese Frage entscheiden werden. Bis dahin kann eine Einigung mit dem Arbeitgeber sinnvolle Lösungen schaffen.
Die Höhe des Arbeitslosengeldes wird auf Grundlage des durchschnittlichen Gehaltes des letzten Jahres bemessen. War der Arbeitnehmer zuletzt in Kurzarbeit beschäftigt und erhielt nur gekürzten Lohn, wird jedoch trotzdem das volle Gehalt berücksichtigt. So soll vermieden werden, dass dem Arbeitnehmer durch die Kurzarbeit Nachteile entstehen.
Die Auszahlung von Arbeitslosengeld setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer in den 30 vergangenen Monaten insgesamt mindestens 12 Monate lang Zahlungen in die Arbeitslosenversicherung geleistet hat. Außerdem ergibt sich unter Umständen bei freiwilliger Aufgabe des Arbeitsverhältnisses eine bis zu 12-wöchige Sperrfrist, innerhalb derer man kein Arbeitslosengeld erhält. Von einer freiwilligen Aufgabe spricht man, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund gekündigt hat. Gegebenenfalls fällt auch ein Aufhebungsvertrag unter den Begriff der freiwilligen Aufgabe.
Der Arbeitgeber muss also auch während der Kurzarbeit einige Anforderungen erfüllen, um dem Arbeitnehmer kündigen zu können. Insbesondere betriebsbedingte Kündigungen können problematisch und somit schnell fehlerhaft sein.
Gegen eine rechtswidrige Kündigung kann und sollte sich der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht wehren. Dabei ist insbesondere die knappe, dreiwöchige Frist zur Klageerhebung zu beachten. Lässt man diese verstreichen, gilt die Kündigung als wirksam. Der Arbeitnehmer sollte daher nach Erhalt seiner Kündigung so schnell wie möglich einen Anwalt aufsuchen und sich rechtlich beraten lassen. Die Kündigung kann so verhindert oder eine Abfindung ausgehandelt werden.
Bei Fragen rund um das Thema Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.