Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Insbesondere am Arbeitsplatz können sogenannte KI-Sprachmodelle die Bewältigung von Aufgaben erleichtern. Der Fortschritt führt auch zu rechtlichen Fragestellungen. Wir erklären, was Sie als Arbeitnehmer wissen müssen.
KI-Sprachmodelle sind Computerprogramme. Diese sind in der Lage, textbasierte Aufgaben auf Basis von maschinellem Lernen automatisiert zu bearbeiten. Die Eingabe kann sowohl in schriftlicher als auch akustischer Form erfolgen. KI-Sprachmodelle können anhand dieser Eingabe Texte generieren, bearbeiten oder verarbeiten.
Somit können Sie als Arbeitnehmer die KI-Sprachmodelle an Ihrem Arbeitsplatz vielfältig einsetzen – jedenfalls technisch. Sei es, dass die KI Recherchen übernimmt, Emails verbessert, Texte formuliert oder zusammenfasst. Mithilfe von KI können Sie Schriftstücke durchsuchen oder sortieren.
Die Verwendung von KI-Sprachmodellen sollten Sie insbesondere als Arbeitnehmer mit Vorsicht genießen. Das mag zunächst verwirren. Denn die Verwendung kann zu Beschleunigung von Arbeitsschritten und somit zu Effizienzsteigerung führen. Grundsätzlich sind Sie aber zur höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet. Gesetzlich ist dies in § 613 S. 1 BGB geregelt. Nutzen Sie also KI-Sprachmodelle zur Erledigung Ihrer Aufgaben, stellt sich die Frage, inwiefern das noch als Leistung in Person gilt.
Die Frage lässt sich nicht allgemein beantworten. Es kommt darauf an, worauf der Schwerpunkt Ihrer geschuldeten Arbeitsleistung liegt.
Beispiel: Sollen Sie einen Beitrag für eine Zeitung oder einen Werbetext schreiben, liegt der Schwerpunkt auf der Produktion dieser Texte. Überlassen Sie die Formulierung nun einem KI-Sprachmodell, handelt es sich nicht mehr um eine höchstpersönliche Leistungserbringung. Anders ist dies, wenn Sie KI-Sprachmodelle beispielsweise nur zur sprachlichen Aufbereitung von zuvor eigenständig erarbeiteten Forschungsergebnissen nutzen.
Achtung: In dieser Hinsicht ist in der Rechtswissenschaft noch Vieles umstritten. Der Text gibt lediglich eine Auffassung wieder, die noch nicht höchstrichterlich geklärt ist.
Die Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung kann abbedungen werden. Dies kann entweder durch eindeutige Vereinbarungen mit Ihrem Arbeitgeber oder konkludent erfolgen. Konkludent bedeutet, dass Ihr Arbeitgeber die Verwendung von KI-Sprachmodellen akzeptiert, ohne dass Sie explizit darüber gesprochen haben.
Dies sollte etwa bei der moderaten Verwendung von Rechtschreib- und Grammatikprüfung sowie eines Übersetzers der Fall sein. Anderes kann auch hier gelten, wenn Schwerpunkt Ihrer Aufgabe gerade die Übersetzung von Texten ist.
Übernimmt die KI hingegen ganze Arbeitsleistungen, ist heutzutage noch nicht davon auszugehen, dass Ihr Arbeitgeber sich damit konkludent einverstanden erklärt. Dazu sind Programme wie z.B. ChatGPT noch zu neu und fehleranfällig. Das kann sich in Zukunft durchaus ändern.
Ihr Arbeitgeber kann Ihnen auch Weisungen erteilen. In diesem Fall sind Sie verpflichtet, KI-Sprachmodelle nicht zu nutzen oder aber eben gerade zu nutzen. Sie müssen diese Vorgaben einhalten. Andernfalls drohen Ihnen Konsequenzen. Der erstmalige Verstoß gegen diese Weisung kann eine Abmahnung zur Folge haben. Folgeverstöße können eine Kündigung nach sich ziehen.
Besonders viele Probleme wirft die Nutzung von KI-Sprachmodellen im Bereich des Datenschutzes auf. Denn die persönlichen Daten werden in die KI aufgenommen und verarbeitet. Die KI-Sprachmodelle „lernen“ mit jeder Eingabe stetig weiter. Inhalten können sich somit bei anderen Nutzern als Output darstellen.
Deshalb sollten Sie auch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse niemals in ein KI-Sprachmodell einspeisen.
Geben Sie persönliche Daten von Kunden ein, kann Ihr Arbeitgeber für die Folgen verantwortlich sein. Es besteht zwar die Möglichkeit, dass der Kunde einwilligt. Die persönlichen Daten müssen für die Betroffenen aber in einer nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. In diesem Fall kommen auf Ihren Arbeitgeber umfassende Informations- und Auskunftspflichten zu. Dies ist bei aktuell noch neuen KI-Sprachmodellen problematisch, da die Betreiber die Funktionsweise nicht offenlegen.
Vermeiden Sie die Verwendung von KI-Sprachmodellen in Bezug auf persönliche Daten.
Insbesondere im Bereich schöpferischer Tätigkeiten stellen sich entscheidende urheber- und patentrechtliche Fragen.
Produzieren Sie als Arbeitnehmer einen Werbetext oder ein Computerprogramm, erhält Ihr Arbeitgeber ein umfassendes Nutzungsrecht. Denn das Arbeitsergebnis gehört zu Ihrer geschuldeten Leistung. Ihr Arbeitgeber wird ein Interesse daran haben, den Schutz des Urheber- oder Patentrechts zu genießen. Möglicherweise hat er auch einem Kunden exklusive Nutzungsrechte an dem Werk versprochen.
Für den urheber- oder patentrechtlichen Schutz ist jedoch von Bedeutung, dass ein Mensch das Werk geschaffen hat. Dies dürfte bei der Verwendung von KI-Sprachmodellen problematisch sein und erneut die Fragen aufwerfen: Wo lag der Schwerpunkt der Tätigkeit? Inwiefern dient das KI-Sprachmodell nur zur Ausführung des eigens geschaffenen Werkes?
Auch hier ist eine einzelfallabhängige Betrachtung notwendig.
Die Verwendung von KI kann somit dazu führen, dass Sie gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen oder der Vertragszweck in Hinblick auf Ihren Arbeitgeber oder sogar einen Kunden gefährdet ist. Deshalb trifft Sie als Arbeitnehmer eine Mittelungspflicht. Sie sollten also offenlegen, dass Sie eine KI eingesetzt haben. Kommen Sie dem nicht nach, kann Ihr Arbeitgeber Schadensersatzansprüche gegen Sie geltend machen.
Große Beliebtheit zeigt sich auch bei der Verwendung von KI-Sprachmodellen im Bewerbungsprozess. Sie kann bei der Auswahl geeigneter Bewerber unterstützen. Dies kann für Sie sowohl als Bewerber oder Arbeitnehmer von Bedeutung sein.
Zum einen ist wichtig, dass die finale Entscheidung nicht die KI treffen darf. Denn die Datenschutzgrundverordnung schreibt vor, dass Entscheidungen mit rechtlicher Wirkung gegenüber einem Betroffenen nicht vollautomatisiert getroffen werden dürfen.
Zum anderen sind die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu berücksichtigen. § 1 AGG schreibt vor, dass keine Benachteiligung wegen z.B. der ethnischen Herkunft, des Geschlechts oder der Religion erfolgen darf. Nimmt die KI aber aufgrund eines dieser Merkmale eine Aussonderung vor, führt das zu einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. Dem Betroffenen stehen dann Schadensersatzansprüche gegenüber Ihrem Arbeitgeber zu.
Gegen den Schadensersatzanspruch wird sich Ihr Arbeitgeber schwerlich wehren können.
Denn das Verschulden der KI-Sprachmodelle ist zwar grundsätzlich nicht einfach zurechenbar. Vorzuwerfen ist aber, dass Sie die KI bewusst oder unbewusst mit diskriminierenden Trainingsdaten anlernen. Ebenso besteht die Pflicht, Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung zu treffen. Dazu gehört die entsprechende Überwachung der KI.
Außerdem muss Ihr Arbeitgeber beweisen, dass keine Benachteiligung aufgrund eines der Merkmale aus § 1 AGG erfolgt. Das ist beim Einsatz von KI-Sprachmodellen schwierig darzulegen. Wenn auf KI zurückgegriffen wird, sollten die Entscheidungsschritte nachvollziehbar erklärt werden können.
Der Einsatz von KI-Sprachmodellen kann die Unternehmensstruktur deutlich verändern. Deshalb hat der Betriebsrat an vielen Stellen Mitbestimmungsrechte. Unter anderem ist er vor der Einführung grundsätzlich anzuhören.
Die Mitbestimmungsrechte können noch deutlich weiter reichen. Übernimmt die KI Arbeitsschritte, können sich Aufgabenbereiche grundlegend ändern oder sogar Arbeitsplätze wegfallen. Dies wäre für Sie als Arbeitnehmer nachteilig. Die Rede ist dann von einer Betriebsänderung. In diesem Fall ist der Betriebsrat an einem Sozialplan und einem Interessenausgleich zu beteiligen.
Der Einsatz von KI löst Fragen aus, die Grundlagen des Arbeitsrechts betreffen. In Zukunft kann auch über den Begriff des Arbeitnehmers nachzudenken sein. Denn dieser ist geprägt durch die Weisungsbindung. Es gibt aber Bereiche, in denen Arbeitnehmer durch KI generierte Befehle ausführen. Dazu zählen etwa Uber-Fahrer. Fraglich ist, ob diese überhaupt als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind.
Folgeprobleme zeigen sich auch, wenn Ihr Arbeitgeber kontrollieren kann, wie Sie als Arbeitnehmer die KI nutzen. Durch die ständige Überwachung Ihrer Arbeit sind Sie in Ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Das führt wieder zu Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats.
Bei Fragen rund um das Thema KI-Sprachmodelle in der Arbeitswelt wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.