Beitrag veröffentlicht am 14.01.2022 | Dr. Ahlborn

Arbeitslosengeld – Sperrzeit bei Aufhebungsvertrag

Arbeitsverhältnisse werden regelmäßig durch Kündigung beendet. In Betracht kommt jedoch auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Der folgende Beitrag bietet einen Überblick darüber, ob der Arbeitnehmer auch in diesem Fall einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat und wann eine Sperrzeit verhängt wird.

  1. Was regelt ein Aufhebungsvertrag? 
  2. Arbeitslosengeld trotz Aufhebungsvertrag?
  3. Was ist die Sperrzeit? 
  4. Wann verhängt die Arbeitsagentur eine Sperrzeit?
  5. Verringerung des Gesamtanspruchs
  6. Länge der Sperrzeit
    a. Verkürzung der Sperrzeit
    b. Verlängerung der Sperrzeit
  7. Keine Sperrzeit trotz Aufhebungsvertrag
    a. Drohende Kündigung durch den Arbeitgeber
    b. Weitere wichtige Gründe
    c. Kündigung statt Aufhebungsvertrag
  8. Fazit

Was regelt ein Aufhebungsvertrag? 

Ein Aufhebungsvertrag ist eine Möglichkeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Er stellt damit eine Alternative zur einseitig ausgesprochenen Kündigung dar. Allerdings ist hier die Zustimmung beider Parteien nötig. Wie auch die Kündigung muss der Aufhebungsvertrag schriftlich festgehalten werden. 

Wenn weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses interessiert sind, kann ein Aufhebungsvertrag ratsam sein. Die Vereinbarung ermöglicht eine kurzfristige Beendigung des Arbeitsvertrags, ohne dass die Parteien an Kündigungsfristen gebunden wären. Möchte sich in erster Linie der Arbeitgeber trennen, bietet dieser oft eine Abfindung an, um den Mitarbeiter zur Zustimmung zu bewegen. Das kann attraktiv für Arbeitnehmer sein. 

Allerdings beinhaltet der Aufhebungsvertrag auch Risiken. Der Arbeitnehmer kann keine Kündigungsschutzklage erheben und den einmal unterschriebenen Aufhebungsvertrag kaum rückgängig machen. Außerdem drohen nachteilige Konsequenzen hinsichtlich des Arbeitslosengeldes. Darauf gehen die nächsten Abschnitte ein. 

Arbeitslosengeld trotz Aufhebungsvertrag?

Grundsätzlich haben Arbeitslose einen Anspruch auf Leistungen der Agentur für Arbeit (Arbeitslosengeld I), wenn sie in den letzten 30 Monaten für mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und dementsprechend in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Das gilt auch beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Allerdings kann in diesem Fall eine Sperrzeit verhängt werden.

Was ist die Sperrzeit? 

Haben Arbeitnehmer lange genug eingezahlt, steht Ihnen grundsätzlich ab dem ersten Tag nach dem Jobverlust Arbeitslosengeld I zu. Wird allerdings eine Sperrzeit verhängt, ist die Leistung zunächst für 12 Wochen gesperrt. Arbeitslose müssen dann knapp drei Monate ohne Bezüge von der Arbeitsagentur auskommen. 

Wann verhängt die Arbeitsagentur eine Sperrzeit?

§ 159 Abs. 1 SGB III ordnet das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit an. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Was genau mit versicherungswidrigem Verhalten gemeint ist, wird in § 159 Abs. 1 Nr. 1 – 9 SGB III konkretisiert. Nr. 1 nennt den Fall, dass der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

Der Aufhebungsvertrag ist eine einvernehmliche Lösung vom Beschäftigungsverhältnis. Diesen unterzeichnet der Arbeitnehmer willentlich, sodass er regelmäßig vorsätzlich seine Arbeitslosigkeit herbeiführt. Das Gesetz spricht hier von einer „Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe.“

Verringerung des Gesamtanspruchs

Die Sperrzeit führt nicht etwa nur dazu, dass das Arbeitslosengeld erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird. Vielmehr verringert sich durch die Sperrzeit der Gesamtanspruch. Er verkürzt sich um den Anteil, der ansonsten während der Sperrzeit ausgezahlt worden wäre. 

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer unter 50 Jahren hätte grundsätzlich Anspruch auf 12 Monate Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit verhängt jedoch eine Sperrzeit von 12 Wochen. In dieser Zeit wird kein Geld ausgezahlt. Damit verliert der Arbeitslose seinen Anspruch für die ersten 12 Wochen vollständig, bekommt bei Ausnutzung des vollen Leistungszeitraums also insgesamt nur etwa 75 Prozent von dem, was er ohne die Sperrzeit erhalten hätte. 

Die Verhängung einer Sperrzeit kann also zu erheblichen finanziellen Nachteilen für den Arbeitnehmer führen.

Länge der Sperrzeit

Die Sperrzeit beträgt gemäß § 159 Abs. 3 SGB III grundsätzlich 12 Wochen. Sie beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Im Falle eines Aufhebungsvertrags beginnt die Sperrzeit also grundsätzlich nach dem letzten Arbeitstag. Wird der Arbeitnehmer freigestellt, läuft die Sperrzeit grundsätzlich ab dem ersten Tag der Freistellung an.

a. Verkürzung der Sperrzeit

Nach § 159 Abs. 3 Satz 2 SGB III kann sich die Sperrzeit auch verkürzen: 

b. Verlängerung der Sperrzeit

In einigen Fällen belastet die Sperrzeit den Arbeitslosen allerdings auch länger als zwölf Wochen. Zu nennen sind insbesondere diese zwei Aspekte:

Keine Sperrzeit trotz Aufhebungsvertrag

Allerdings führt ein Aufhebungsvertrag nicht ausnahmslos zum Eintritt der Sperrzeit. Mithilfe geschickter Beratung und Gestaltung lässt sich die Sanktion der Arbeitsagentur oft umgehen.

Wie bereits kurz dargestellt, setzt § 159 Abs. 1 SGB III ein versicherungswidriges Verhalten ohne wichtigen Grund voraus. Wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund hat, sein Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag zu beenden, wird keine Sperrzeit verhängt. Die arbeitslose Person muss den wichtigen Grund in aller Regel selbst darlegen und nachweisen.

Es haben sich Fallgruppen entwickelt, in denen ein wichtiger Grund angenommen wird: 

a. Drohende Kündigung durch den Arbeitgeber

Dem Arbeitnehmer kann ein wichtiger Grund zustehen, wenn ihm die Kündigung durch den Arbeitgeber droht. Den Aufhebungsvertrag unterschreibt er dann nur, weil die Stelle ohnehin verloren scheint und der Aufhebungsvertrag attraktivere Konditionen bietet. 

Unter welchen Voraussetzungen hier ein wichtiger Grund vorliegt, konkretisiert die Bundesagentur für Arbeit in der aktuellen fachlichen Weisung. Danach setzt ein wichtiger Grund voraus, dass

Durch die aktuelle Fassung der fachlichen Weisung traten zwei wesentliche Änderungen ein. Neben der betriebsbedingten kann nun auch eine drohende personenbedingte Kündigung ein wichtiger Grund sein. Häufigster Anwendungsfall ist die Kündigung wegen Krankheit. Zudem ist die Mindesthöhe der Abfindung entfallen. Somit wird die Rechtmäßigkeit der angedrohten Kündigung auch bei niedrigen Abfindungen nicht mehr geprüft. 

Die drohende Kündigung durch den Arbeitgeber stellt den wichtigsten Fall dar, in dem der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag abschließt.

b. Weitere wichtige Gründe

Doch auch daneben können wichtige Gründe für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags sprechen. In Betracht kommen insbesondere:

Wichtig ist jedoch, dass der wichtige Grund im Einzelfall dargelegt und vom Arbeitnehmer bewiesen werden muss. So führt etwa die Insolvenz des Arbeitgebers zwar häufig, nicht aber per se zu einem wichtigen Grund. Bei den anderen Gründen ist dies ähnlich.

c. Kündigung statt Aufhebungsvertrag

Unter Umständen bietet es sich an, auf den Aufhebungsvertrag zu verzichten und eine alsbaldige (betriebs- oder personenbedingte) Kündigung durch den Arbeitgeber hinzunehmen. Anschließend erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage und verhandelt vor Gericht über eine Abfindung. Dieses Vorgehen führt häufig ebenfalls zu attraktiven Beträgen. Der große Vorteil liegt darin, dass die Arbeitsagentur nach einer Kündigung der o.g. Art nur sehr selten eine Sperrzeit verhängt. 
Dieses Vorgehen sollten Betroffene allerdings nur mithilfe eines erfahrenen Fachanwalts für Arbeitsrecht wählen.

Fazit

Bei Fragen rund um das Thema Kündigung oder Aufhebungsvertrag wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

Weitere Artikel zum Thema "Allgemein":

Weihnachtsfeiern ohne rechtliche Stolperfallen: Worauf Arbeitgeber achten sollten
Neuen Arbeitsvertrag nach Betriebsübergang durchsetzen
Vertragsstrafe im Arbeitsrecht
Verdächtige Arbeits­­unfähig­­keits­­be­schei­nigung (AU-Be­schei­nigung) – wie können Arbeitgeber reagieren?
Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrags – Geht das?
Westerfeldstr. 1-3
33611 Bielefeld