Spricht der Arbeitgeber eine Abmahnung aus, bedeutet das nichts Gutes.
Doch kann der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer bereits nach einer einzigen Abmahnung kündigen? Oder muss er ihn unter Umständen mehrmals abmahnen? Und was kann der Arbeitnehmer tun, um am Ende nicht böse überrascht zu werden?
Die Antworten auf diese und weitere Fragen finden Sie hier.
Table of ContentsMit einer Abmahnung rügt der Arbeitgeber ein Fehlverhalten seines Arbeitnehmers. Zugleich droht er ihm im Falle eines erneuten Pflichtverstoßes die Kündigung an. Dabei verfolgt der Arbeitgeber in der Regel zwei Interessen. Spricht er eine Abmahnung aus, möchte er seinen Arbeitnehmer zum einen an seine arbeitsvertraglichen Pflichten erinnern, zum anderen möchte er ihm die Gelegenheit geben, sein Verhalten zu ändern.
Anders ausgedrückt: Die Abmahnung ist ein “Warnschuss” bzw. die “gelbe Karte” im Arbeitsrecht.
Der Arbeitgeber darf nicht jedes Verhalten abmahnen. Ihm sind Grenzen gesetzt. Die Pflichten, gegen die verstoßen wurde, müssen zunächst einmal wirksam bestehen. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn die Weisung, die der Arbeitnehmer nicht befolgt, unzumutbar ist.
Beispiele:
Eine Abmahnung muss zudem verhältnismäßig sein. Es darf sich also nicht um bloß vereinzelte Bagatellverstöße handeln.
Beispiel: Auf dem Weg nach Hause vergisst der Angestellte K, das Licht in seinem Büro auszuschalten.
Im Grunde ist lediglich vor einer sog. verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung auszusprechen. Liegt die Ursache in der Person des Arbeitnehmers (sog. personenbedingte Kündigung) oder erfordern betriebliche Maßnahmen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses (sog. betriebsbedingte Kündigung), ist demgegenüber grundsätzlich keine Abmahnung notwendig.
Beispiele für eine personenbedingte Kündigung:
Wie bereits festgestellt, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer immer dann abmahnen, wenn dessen Verhalten gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt. Zu den häufigen Abmahnungsgründen gehören
Eine sofortige Kündigung wäre in diesen Fällen häufig unverhältnismäßig. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz, dass eine Kündigung nur gerechtfertigt ist, wenn es keine anderen, milderen Mittel gibt.
Ausnahmsweise kann auch im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung auf eine Abmahnung verzichtet werden. Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen (zum Beispiel Straftaten am Arbeitsplatz oder schweren Drohungen gegenüber dem Arbeitgeber) ist eine Abmahnung in der Regel nicht erforderlich. Selbiges gilt, wenn sich der Arbeitnehmer offensichtlich nicht von der Abmahnung beeindrucken lassen würde und sein Fehlverhalten ohnehin fortsetzt.
Beispiel: Der Arbeitnehmer hat mehrfach und ernsthaft angekündigt, auf alle Maßnahmen des Arbeitgebers “zu pfeifen”.
Eine Abmahnung hat grundsätzlich drei Voraussetzungen:
Die Abmahnung dient in erster Linie dazu, den Arbeitnehmer auf sein pflichtwidriges Verhalten hinzuweisen (Hinweisfunktion). Der Arbeitnehmer soll eindeutig erkennen können, was ihm vorgeworfen wird.
Beispiel: „Sie sind am 19.12.2019 erst um 8:35 Uhr zur Arbeit erschienen. Arbeitsbeginn ist 8 Uhr. Das entspricht einer Verspätung von 35 Minuten.“
Mit der Abmahnung wendet sich der Arbeitgeber an den betroffenen Arbeitnehmer und ermahnt ihn dazu, sich künftig vertragsgemäß zu verhalten (Ermahnfunktion).
Beispiel: „Durch ihr zu spätes Erscheinen haben Sie Ihre Vertragspflichten verletzt. Es wird von Ihnen erwartet, von nun an pünktlich um 8:00 Uhr am Arbeitsplatz zu erscheinen.“
Schließlich sind dem Arbeitnehmer in der Abmahnung die rechtlichen Konsequenzen anzudrohen, falls er das vertragswidrige Verhalten wiederholt (Warnfunktion).
Beispiel: „Im Falle eines erneuten Verstoßes behalten wir uns vor, von unserem Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch zu machen.“
Im Übrigen bestehen keine formalen Anforderungen an die Abmahnung. Sie kann dem Arbeitnehmer also auch mündlich erteilt werden. Davon wird der Arbeitgeber aus Beweisgründen allerdings regelmäßig absehen.
Ehe der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer kündigen kann, muss es zunächst zu einem erneuten Pflichtverstoß gekommen sein. Auf eine Abmahnung folgt also nicht automatisch auch die Kündigung.
Die bereits wiederholte Pflichtverletzung muss der bereits abgemahnten Pflichtverletzung gleichen oder ihr zumindest ähneln (sog. Gleichartigkeit der Pflichtverletzungen). Mit anderen Worten: Es muss ein Zusammenhang bestehen zwischen der alten und der neuen Pflichtverletzung.
Beispiel: Arbeitnehmer A kommt in letzter Zeit wiederholt zu spät zur Arbeit. Daraufhin wird er abgemahnt. Nachdem A zu einem späteren Zeitpunkt zwei seiner Kollegen beleidigt, spricht sein Arbeitgeber die Kündigung aus. Da die Verspätungen und die Beleidigungen zwei unterschiedliche Pflichtverletzungen darstellen, ist die Kündigung wohl unwirksam.
Verstößt der Arbeitnehmer wiederholt gegen eine gleichartige Pflicht, stellt sich darüber hinaus die Frage, wie oft der Arbeitgeber abmahnen muss, bevor er die Kündigung aussprechen darf. Die Antwort auf diese Frage lautet: Es hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.
Oft wird behauptet, es müsste zumindest drei Mal abgemahnt werden, ehe der Arbeitgeber kündigen dürfe. Diese Behauptung ist allerdings nicht richtig. Es kommt vielmehr auf die Schwere der jeweiligen Pflichtverletzung sowie die sonstigen Umstände des Falles an.
Kleinere Vergehen bedürfen in aller Regel mehr als einer Abmahnung. So wird zum Beispiel eine Abmahnung, die dem Angestellten aufgrund einer Verspätung von 10 Minuten ausgesprochen wird, alleine keine Kündigung rechtfertigen.
Im Gegensatz dazu kann bei gravierenderen Verstößen bereits eine einzelne Abmahnung ausreichen, um im Wiederholungsfall eine Kündigung zu rechtfertigen.
Beispiele:
Dies gilt auch, wenn eine Änderung des Verhaltens durch die Abmahnung nicht zu erwarten ist. Wie bereits oben erläutert, handelt es sich dabei allerdings um Ausnahmen.
Zu beachten ist auch, dass viele kleine Verstöße in der Summe eine Abmahnung nicht entbehrlich machen.
Falls Sie eine Abmahnung erhalten haben und der Auffassung sind, sie sei nicht rechtmäßig, sollten Sie
Einer Abmahnung sind Sie nicht schutzlos ausgeliefert. Sie haben mehrere Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen.
Sie haben die Möglichkeit, eine Gegendarstellung zu verfassen. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung in Ihre Personalakte aufgenommen hat (Regelfall). Im Zuge dessen können Sie nämlich vom Arbeitgeber verlangen, dass er sie wieder aus Ihrer Personalakte entfernt. Geregelt ist dieses Recht in § 83 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG).
Sofern ein Betriebsrat besteht, können Sie sich gemäß § 84 BetrVG bei diesem beschweren. Hält er die Beschwerde für berechtigt, muss er gemäß § 85 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber Abhilfe der Beschwerde verlangen. Eine unberechtigte Abmahnung hat der Arbeitgeber aus der Personalakte zu nehmen.
Eine Abmahnung kann auch gerichtlich überprüft werden. Erweist sich die Abmahnung dabei als unberechtigt, so ist sie aus der Personalakte zu entfernen. Für das Vorliegen einer Abmahnung und deren Rechtfertigung ist der Arbeitgeber beweispflichtig.
Bei Fragen rund um Abmahnung und Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.