Beitrag veröffentlicht am 10.07.2020 | Dr. Ahlborn

Abfindung nach dem „Windhundprinzip“ zulässig – so LAG Düsseldorf

In Krisen ist es für den Arbeitgeber häufig von Vorteil, wenn Arbeitnehmer ihre Stelle freiwillig aufgeben. So lassen sich Kündigungen vermeiden. Der Arbeitgeber darf recht frei bestimmen, wie er Mitarbeiter von der Aufgabe ihres Arbeitsplatzes überzeugt.

Zum Beispiel kann er Abfindungen nur denjenigen anbieten, die zuerst bereit sind, den Betrieb zu verlassen (sog. Windhundprinzip).

So hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf am 12. April 2016 entschieden.

Was ist das Windhundprinzip?

Will der Arbeitgeber Stellen reduzieren und dabei betriebsbedingte Kündigungen vermeiden, bieten sich Freiwilligenprogramme an. Dabei wird den Beschäftigten angeboten, sich freiwillig für die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrags zu melden. Im Gegenzug bezahlt der Arbeitgeber für eine bestimmte Anzahl von Freiwilligen eine Abfindung.

Um die Arbeitnehmer zusätzlich zu motivieren und um ein kompliziertes Auswahlverfahren zu vermeiden, gehen manche Arbeitgeber dabei nach dem sogenannten Windhundprinzip vor. Das bedeutet, dass die Abfindungskontingente in der Reihenfolge vergeben werden, in der die Meldungen der Arbeitnehmer eingehen. Wer sich meldet, wenn schon alle Plätze vergeben sind, verpasst die Chance auf eine Teilnahme am Freiwilligenprogramm und somit auf eine Abfindung.

Arbeitnehmer kommt zu spät für die Abfindung

Im entschiedenen Fall streiten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer um die Auszahlung einer Abfindung. Der Arbeitgeber hatte ein „offenes Abfindungsprogramm“ eingerichtet und mit dem Betriebsrat abgesprochen, um Personal abzubauen. Dieses Programm legte zunächst für verschiedene Abteilungen Abbaukontingente fest. Die Arbeitnehmer wurden informiert und konnten sich auf einer Website melden, wenn sie gegen eine Abfindung aus dem Betrieb ausscheiden wollten.

Sobald die Kontingente erschöpft waren, wurden die späteren Anfragen nicht mehr berücksichtigt. So geschah es dem klagenden Arbeitnehmer. Er meldete sich wenige Minuten zu spät und verpasste die Gelegenheit auf eine Abfindung von 300.000 €.

Dagegen richtete sich seine Klage. Er verlangte den Abschluss eines Aufhebungsvertrags und die Zahlung einer Abfindung von 300.000 €.

Abfindungen nur für die Schnellsten

Das LAG wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Es bestehe kein Anspruch auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrags und Zahlung einer Abfindung von 300.000 €.

Das Abfindungsprogramm des Arbeitgebers sei rechtlich zulässig. Grundsätzlich sei nichts dagegen einzuwenden, wenn der Arbeitgeber Abfindungen nur in einem begrenzten Kontingent anbiete. Es sei auch zulässig, die Plätze im Kontingent an die Arbeitnehmer zu vergeben, die sich zuerst gemeldet haben. Die Grenze sei erst erreicht, wenn der Arbeitgeber nach unzulässigen Kriterien diskriminiere, vgl. § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).

Fazit

Abfindungen sind grundsätzlich freiwillige Leistungen des Arbeitgebers. Er kann deshalb wählen, wem er eine Abfindung unter welchen Voraussetzungen anbietet, solange die Grenzen des gesetzlichen Diskriminierungsschutzes gewahrt sind. Das Vorgehen nach dem Windhundprinzip ist daher zulässig.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 12.04.2016, Az. 14 Sa 1344/15.

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Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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