Beitrag veröffentlicht am 07.11.2018 | Dr. Ahlborn

“Sie dürfen zunächst weiterarbeiten”: Fristlose Kündigung unwirksam

Eine fristlose Kündigung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anbietet, nach der Kündigung noch einige Wochen für den Arbeitgeber zu arbeiten.

Dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) mit Urteil vom 14. Juni 2018 entschieden.

Zum Hintergrund: Zusammenarbeit muss unzumutbar sein

Eine außerordentliche bzw. fristlose Kündigung ermöglicht es dem Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung – also ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist – aufzulösen. Dies ist in § 626 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt.

Wichtigste Voraussetzung der fristlosen Kündigung ist, dass ein sog. wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht. Es darf dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar sein, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (§ 622 BGB) weiter zu beschäftigen. Häufige Fälle sind Diebstahl und andere Straftaten am Arbeitsplatz, Arbeitsverweigerung oder Arbeitszeitbetrug. Ist dem Arbeitgeber die vorübergehende Weiterbeschäftigung hingegen noch zumutbar, kommt nur eine ordentliche Kündigung mit einer entsprechenden Kündigungsfrist in Betracht. Schließlich soll die fristlose Kündigung das „letzte Mittel“ zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses sein.

Zum Sachverhalt: Fristlose Kündigung mit Angebot einer Weiterbeschäftigung

Im vorliegenden Fall hatte die Arbeitnehmerin in einer Excel-Tabelle für die Arbeitszeiten an vier Tagen ihren Arbeitsbeginn um insgesamt 135 Minuten zu früh eingetragen, um so ein besseres Stundensaldo zu erreichen.

Aufgrund dieses Fehlverhaltens wurde sie fristlos von der Arbeitgeberin gekündigt. Allerdings bot ihr die Arbeitgeberin gleichzeitig an, sie bis zum Ende des Jahres weiter zu beschäftigen. Somit hätte sie ausreichend Zeit, sich eine neue Beschäftigung zu suchen.

Die Arbeitnehmerin lehnte dieses Angebot jedoch ab. Sie trug zu ihrer Verteidigung vor, sie habe nicht vorsätzlich gehandelt, sondern lediglich wegen der hohen Arbeitsbelastung vergessen, die Arbeitszeiten am entsprechenden Tag einzutragen.

Schließlich erhob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht, welche allerdings keinen Erfolg hatte. Gegen das Urteil legte sie anschließend Berufung vor dem LAG ein.

Zur Entscheidung: Angebot des Arbeitgebers führt zur Unwirksamkeit der Kündigung

Die Berufung der Klägerin vor dem LAG war erfolgreich.

Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung nicht beendet worden sei.

Zwar wurde angenommen, dass die Klägerin sehr wohl bei der Eintragung ihrer Arbeitszeiten vorsätzlich gehandelt habe und bewusst den Arbeitsbeginn an den entsprechenden vier Tagen zu früh angesetzt habe. Ein solches Fehlverhalten rechtfertige in der Regel auch eine fristlose Kündigung.

Allerdings seien im Rahmen einer fristlosen Kündigung nach § 626 BGB alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Dazu gehöre auch das Verhalten des Arbeitgebers.

Durch das Angebot der Weiterbeschäftigung habe der Arbeitgeber deutlich gemacht, dass ihm die zumindest vorübergehende Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerin nicht unzumutbar sei. Ein wichtiger Grund sei daher nicht anzunehmen.

Insofern sei die fristlose Kündigung unwirksam.

Zur einer möglichen ordentlichen – fristgerechten – Kündigung wurde der Betriebsrat nicht angehört. Diese kam daher nicht in Betracht.

Fazit

Eine fristlose Kündigung setzt insbesondere voraus, dass dem Arbeitgeber die auch nur vorübergehend fortgesetzte Zusammenarbeit unzumutbar ist. Wird dem Arbeitnehmer jedoch eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist angeboten, so macht der Arbeitgeber deutlich, dass die Zusammenarbeit sehr wohl zumutbar ist.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.6.2018, Az. 15 Sa 214/18

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Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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