Beitrag veröffentlicht am 16.10.2019 | Dr. Ahlborn

Die Änderungskündigung im Arbeitsrecht: Voraussetzungen, Folgen und Rechtsschutz

Möchte der Arbeitgeber die Bedingungen des Arbeitsvertrags grundlegend ändern, ist er grundsätzlich auf die Zustimmung des Arbeitnehmers angewiesen.

Unter Umständen kann er zum Beispiel ein geringeres Gehalt, längere Arbeitszeiten oder weniger Urlaub allerdings mit einer Änderungskündigung durchsetzen. Der Arbeitnehmer hat dann die Wahl: Entweder, er nimmt die Vertragsänderungen an, oder er wird entlassen.

Die wichtigsten Fragen zur Änderungskündigung werden im folgenden Beitrag beantwortet:

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Wann kommt eine Änderungskündigung in Frage?

Mit der Änderungskündigung setzt der Arbeitgeber Veränderungen durch, die er mit seinem Weisungsrecht nicht erreichen könnte. Meistens geht es um Änderungen der Bezahlung oder der Arbeitszeit. Auch wenn der Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit erbringen soll, kommt eine Änderungskündigung in Frage.

Beispiel: Im Arbeitsvertrag ist geregelt, dass der Arbeitnehmer 3.200 Euro brutto im Monat verdient. Aufgrund wirtschaftlicher Schieflage des Unternehmens soll das Gehalt auf 2.900 Euro gekürzt werden.

Änderungen des Arbeitsvertrages muss der Arbeitnehmer zustimmen. Weil der Arbeitnehmer den meist nachteiligen Änderungen regelmäßig widerspricht, kann der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen eine Änderungskündigung aussprechen.

Die Änderungskündigung ist eine „normale“ Kündigung, verbunden mit dem Angebot, unter veränderten Bedingungen weiterzuarbeiten. Wenn das Angebot abgelehnt wird, endet das Arbeitsverhältnis. Also entscheidet der Arbeitnehmer, ob er die neuen Bedingungen akzeptieren oder gehen möchte.

Wann ist eine Änderungskündigung rechtmäßig?

Weil die Änderungskündigung auch eine „normale“ Kündigung enthält, gelten die Regeln des gesetzlichen Kündigungsschutzes. Dabei gilt es, einige Besonderheiten zu beachten.

Maßgeblich ist in den meisten Fällen das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), das Bedingungen an jede fristgerechte Kündigung stellt. Das KSchG ist aber nicht auf jeden Fall anwendbar. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

Wenn der Arbeitnehmer unter dem Schutz des KSchG steht, muss jede fristgerechte Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Es gibt nach dem KSchG drei verschiedene zulässige Arten von Kündigungen. Es wird dabei unterschieden, aus welchem Grund der Arbeitgeber kündigt. Die Änderungskündigung ist nur wirksam, wenn einer der drei folgenden Gründe die Änderung erforderlich macht.

Daneben müssen die angebotenen Änderungen geeignet und erforderlich sein, den geänderten Umständen gerecht zu werden.

Beispiele:
Ein Arbeitnehmer kann nach einem Unfall seine Tätigkeit weniger effektiv ausüben. Er soll auf eine andere Stelle versetzt werden. Kollegen auf dieser Stelle werden bezahlt, wie der Arbeitnehmer auf seiner bisherigen Stelle. Der Arbeitnehmer kann sie ohne Einschränkung ausüben. Die entsprechende Änderungskündigung würde zu weit gehen, wenn sie neben der Versetzung auch eine geringere Bezahlung vorschlägt.  

Entfällt die Stelle eines Abteilungsleiters, darf ihm nicht eine deutlich geringwertigere Stelle angeboten werden, obwohl für eine vergleichbare Abteilung noch ein Leiter gesucht wird. 

Die Änderungskündigung muss außerdem inhaltlich klar und unmissverständlich sein. Der Arbeitnehmer muss zweifelsfrei erkennen können, welche neuen Arbeitsbedingungen der Arbeitgeber vorschlägt.

Beispiel: Es genügt nicht, wenn der Arbeitgeber vorschlägt, der Arbeitnehmer solle ab jetzt „Einsätze auf Baustellen“ vornehmen.

Genau wie bei „normalen“ Kündigungen muss der Arbeitgeber die Kündigungsfrist des § 622 BGB einhalten und den Betriebsrat zur Kündigung anhören, soweit ein solcher besteht. Für bestimmte Gruppen wie

gelten zudem noch besondere gesetzliche Kündigungsschutzregeln.

In Kleinbetrieben (10 oder weniger Mitarbeiter) oder während der sechsmonatigen Wartezeit gibt es keinen Schutz durch das KSchG. An die Änderungskündigung sind dann weniger hohe Anforderungen zu stellen. Der Arbeitgeber darf lediglich nicht willkürlich oder missbräuchlich handeln.

Beispiel: A und B üben dieselbe Tätigkeit aus. A ist 28 Jahre alt, hat keine Kinder und erbringt häufig schlechte Arbeitsleistungen. B hingegen ist 58 Jahre alt, ist gegenüber drei Kindern unterhaltspflichtig und arbeitet tadellos. Aus betrieblichen Gründen wird eine der beiden Stellen nicht mehr benötigt. Kündigt der Arbeitgeber dem B, wird diese Kündigung meist unwirksam sein. Es wird ein Mindestmaß sozialer Rücksichtnahme verlangt. 

Unabhängig vom KSchG kann in Extremfällen auch eine fristlose Änderungskündigung zulässig sein. Dabei handelt es sich aber um eine Ausnahme.

Beispiel: Einem Mitarbeiter kann auf seiner Stelle keine Arbeit mehr zugeteilt werden. Die Weiterbezahlung ohne Arbeitsleistung während der Kündigungsfrist muss dem Arbeitgeber unzumutbar sein. Das kann bei einer besonders langen Kündigungsfrist der Fall sein.

Welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer nach Erhalt der Änderungskündigung?

Es gibt für den Arbeitnehmer nach Erhalt der Änderungskündigung vier Möglichkeiten zu handeln. Er kann:

Wie funktioniert eine Kündigungsschutzklage?

Entscheidet sich der Arbeitnehmer, das Änderungsangebot nicht anzunehmen, so endet das Arbeitsverhältnis. Ist der Arbeitnehmer der Meinung, dass die Änderungskündigung nicht gerechtfertigt war, kann er innerhalb einer Frist von 3 Wochen beim zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben (§ 4 KSchG).

Das Arbeitsgericht überprüft dann, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung vorliegen. Vor allem wird kontrolliert, ob die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt im Sinne des KSchG ist.

Entscheidet das Gericht, dass die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt ist, besteht das Arbeitsverhältnis unverändert fort. Hält das Gericht die Änderungskündigung für rechtmäßig, ist das Arbeitsverhältnis beendet. Dem Arbeitnehmer wird es in den meisten Fällen nach Verlust des Prozesses nicht mehr möglich sein, das Änderungsangebot anzunehmen.

Wegen dieses Risikos empfiehlt sich die Kündigungsschutzklage gegen eine Änderungskündigung nur, wenn der Arbeitnehmer die neuen Arbeitsbedingungen auf keinen Fall akzeptieren möchte.

Wie funktioniert eine Änderungsschutzklage?

Ist der Arbeitnehmer mit den angebotenen Veränderungen nicht einverstanden, aber möchte er auch nicht das Risiko eingehen, ohne Arbeit dazustehen, kann er Änderungsschutzklage erheben. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt akzeptiert, dass die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt war. Dafür gilt gemäß § 2 KSchG eine dreiwöchige Frist. Ist die Kündigungsfrist kürzer (Probezeit!), muss die Zustimmung vor ihrem Ablauf eingehen.

Der Arbeitnehmer richtet sich anschließend mit einer Kündigungsschutzklage an das zuständige Gericht. Auch dafür hat er gemäß § 4 KSchG nach Eingang der Kündigung drei Wochen Zeit. Gemäß § 7 KSchG entfällt der Vorbehalt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der dreiwöchigen Frist keine Klage erhebt. Dann gelten die neuen Bedingungen entgültig.

Das Gericht beschäftigt sich auch bei dieser Konstellation mit der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung. Gewinnt der Arbeitnehmer den Prozess, so gelten wieder die Arbeitsbedingungen, die vor der Änderungskündigung galten.

Der entscheidende Unterschied zur „normalen“ Kündigungsschutzklage ist jedoch, dass der Arbeitnehmer auch bei verlorenem Prozess nicht ohne Arbeit dasteht. War die Kündigung rechtmäßig, besteht das Arbeitsverhältnis unter den neuen Bedingungen weiter. Das ist der Vorteil, wenn der Arbeitnehmer die Änderungen unter Vorbehalt akzeptiert.

Diese Möglichkeit bietet sich also für Arbeitnehmer an, die auf keinen Fall ihre Arbeit verlieren wollen, aber gerne die Rechtmäßigkeit der neuen Arbeitsbedingungen prüfen lassen möchten.

Fazit

Bei Fragen rund um das Thema Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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